Wolfgang Sickinger, Fraktionsvorsitzender - am 21.12.2020
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Becker, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Tröger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Geißler, werte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die heutige Verabschiedung des Haushaltes für 2021 steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Dies zeigt sich im Ablauf der Gemeinderatssitzung, die sich auf unbedingt notwendige Tagesordnungspunkte beschränkt. Aber auch das Videoformat, in dem die Haushaltsreden erstmals gehalten werden, ist der ernsten Lage geschuldet.
Und diese Lage mit ihren teilweise massiven Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben findet ihren Niederschlag im Gemeindehaushalt. Dort stehen den coronabedingten Mehraufwendungen und Mindereinnahmen zwar Soforthilfen und außerordentliche Zuschussprogramme des Bundes und des Landes gegenüber, die aber die voraussichtlichen Fehlbeträge nicht voll ausgleichen können. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob Bund und Land je nach Dauer der Pandemie auch zukünftig in der Lage sein werden, Hilfsprogramme für die Kommunen in gleicher Höhe wie bisher aufzulegen.
Dies alles hängt von der gesamtwirtschaftlichen Situation ab, die für 2021 von verschiedenen Wirtschaftsinstituten unterschiedlich eingeschätzt wird. Nach dem Abschwung in diesem Jahr liegen die aktuell geschätzten Werte für das Wirtschaftswachstum zwischen 4,2 und 4,9 Prozent. Was letzten Endes zutrifft, wird die Höhe der Schlüsselzuweisungen, des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer sowie die Gewerbesteuer bedingen.
Das sind die wichtigsten Einnahmen des Ergebnishaushaltes, der nach dem Neuen Kommunalen Haushaltsrecht neben dem laufenden Verwaltungs-, Unterhaltungs- und Betriebsaufwand auch die Abschreibungen umfasst. Im Sinne der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sollte der Ergebnishaushalt die Abschreibungen erwirtschaften und in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Dies ist aber mit einem veranschlagten ordentlichen Ergebnis von ca. - 6,5 Mio € im nächsten Jahr noch nicht der Fall. Erst für 2023 ist mit einem ausgeglichenen Ergebnis zu rechnen.
Allerdings erwartet die SPD-Fraktion, dass sich der Ergebnishaushalt für 2021 durch die Absenkung der Kreisumlage von 30 auf wenigstens 29 Punkte zumindest um 390.000 € verbessern wird. Eine gemeinsame Initiative der demokratischen Kreistagsfraktionen, die auf Anregung der SPD-Kreistagsfraktion zustande gekommen ist, setzt sich für diese Entlastung der Kreiskommunen ein.
Im Ergebnishaushalt sind auch außerordentliche Erträge in Höhe von 6,5 Mio € aus Grundstücksverkäufen eingerechnet. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Verkäufe im vorgesehenen Umfang realisiert werden. Angesichts der eingangs genannten coronabedingten Unwägbarkeiten kann die Stadt auf diese Einnahmen nicht verzichten.
Nur so ist es im Finanzhaushalt möglich, die vorgesehene Kreditaufnahme auf 100.000 € zu begrenzen und durch die beabsichtigte Tilgung den Schuldenstand des Kernhaushaltes sogar auf knapp 4,2 Mio € zu senken.
In der Zukunft sollte aber der Haushalt nicht mehr so stark von Geländeverkäufen abhängig sein!
Als Fazit halten wir fest, dass die coronabedingt unsichere wirtschaftliche Gesamtlage insbesondere im Blick auf den Ergebnishaushalt umsichtiges finanzielles Handeln erfordert. Notwendiges ist von nur Wünschenswertem zu trennen.
Was aber notwendig ist, sollte auch in Angriff genommen werden. Übertriebenes Sparen an bereits beschlossenen und wohlbegründeten Investitionen wäre gesamtwirtschaftlich schädlich und würde sich zeitversetzt negativ auf die Einnahmen der Stadt auswirken. Antizyklisches Verhalten mit Augenmaß stützt den wirtschaftlichen Aufschwung, hilft den Betrieben und sichert Arbeitsplätze.
Nach diesen grundsätzlichen Anmerkungen wenden wir uns Einzelmaßnahmen zu, die der SPD-Fraktion wichtig sind.
Zunächst zum Stellenplan: Hier stellen wir fest, dass die personelle Ausstattung der Verwaltung durchaus als „schlank“ bezeichnet werden kann und teilweise sogar „auf Kante genäht“ ist.
Für nicht ausreichend halten wir den bisherigen 50%igen Stellenanteil für die Informations- und Kommunikationstechnik (IuK). Denn zu den in der Planung und Durchführung befindlichen Digitalisierungsprojekten der Verwaltung kommen die digital aufgerüsteten Schulen hinzu. Die Betreuung und Wartung der Verwaltungs- und Schulnetze sowie des umfangreichen und teuren Gerätepools muss durch Fachpersonal geschehen und kann im Schulbereich nicht nebenbei durch Lehrkräfte erfolgen.
Für unverzichtbar halten wir darüber hinaus die Stelle einer Klimafachkraft, um die bisher auf mehrere Ämter verteilten Zuständigkeiten effektiv als Querschnittsaufgabe zu bündeln. Damit der von der Stadt mit dem Landkreis unterzeichnete Klimapakt mit seinen Nachhaltigkeitszielen vollständig umgesetzt werden kann, sollten zukünftige städtische Maßnahmen auf die Einhaltung dieser Ziele hin überprüft werden. Aber auch die klimatechnische Beratung der Bürgerschaft sollte zum Aufgabenbereich dieser Klimafachkraft gehören.
Eine weitere wichtige Maßnahme im Bereich des Ergebnishaushaltes ist für uns die Erarbeitung eines Stadtentwicklungsplanes. Die Herausforderungen in den Bereichen Klima- und Artenschutz, bezahlbares Wohnen, Gewerbe, Digitalisierung, Mobilität, Demographie sowie Bildung und Betreuung bedürfen eines überzeugenden Konzepts mit klarer Prioritätensetzung. Ziel ist vorausschauendes Handeln anstelle der Reaktion auf nicht vorhergesehene Entwicklungen. Für die Erarbeitung eines solchen Planes benötigt die Stadt die Unterstützung eines erfahrenen Prozessbegleitungsbüros, zumal die Verwaltung das erforderliche Personal nicht besitzt. Auch kann ein neutraler Blick von außen durchaus förderlich sein. Selbstverständlich ist die Bürgerschaft in geeigneter Weise am Erarbeitungsprozess zu beteiligen.
Nicht nur beim Stadtentwicklungsprozess ist uns die Beteiligung aller Altersgruppen der Bürgerschaft wichtig. Dazu sollten die beabsichtigte Bürger-App sowie die Jugendbeteiligungs-App zeitnah realisiert werden. Ebenso unterstützen wir die Initiativen des Seniorenbeirats und des Quartiermanagements im Sinne der älteren Generation. Von der aktuellen Quartiersumfrage erhoffen wir uns wertvolle Anregungen, um die Lebensverhältnisse der älteren Generation vor Ort weiter zu verbessern. Zudem wäre eine Vernetzung des Quartiermanagements mit den bestehenden Angeboten der Seniorenarbeit sicher sinnvoll.
Im Blick auf die örtlichen Seniorenheime in Coronazeiten ist an uns die Klage über fehlendes WLAN herangetragen worden. Ein Videokontakt mit den Angehörigen ist so leider erschwert. Die Verwaltung sollte in dieser Angelegenheit gegenüber den Heimleitungen aktiv werden.
Was die Jugend anbetrifft, so darf die coronabedingt demotivierend wirkende zeitliche Lücke in der Jugendbeteiligung nicht noch größer werden. Deshalb regen wir ein zeitnah stattfindendes digitales Jugendforum an und erinnern an die Forderung der Jugendlichen, in den nördlichen Stadtteilen Jugendtreffs einzurichten. Für alle Stadtteile wurde auch freies WLAN an häufig frequentierten Orten angeregt.
Im Rahmen der Stadtentwicklung nimmt für uns der Klima- und Umweltschutz eine zentrale Rolle ein. Deshalb unterstützen wir die Beteiligung am „European Energie Award“ und begrüßen den Abschluss des Klimapaktes mit dem Landkreis. Beim Stellenplan haben wir bereits die Stelle einer Klimafachkraft angeregt. In Kooperation mit den Stromanbietern sollte das Netz der E-Ladesäulen weiter ausgebaut werden.
Darüber hinaus ist uns der Naturschutz und die Artenvielfalt besonders wichtig. So unterstützen wir alle bestehenden und neuen Initiativen in diesen Bereichen. Sei es „NaturNah dran“, das Labeling-Verfahren „StadtGrün naturnah“, die 5000-Bäume-Initiative oder ganz neu das Förderprogramm „Blühflächen in der Feldflur“. Zukunftweisend ist der Konsens, der am sogenannten „Runden Tisch“ zwischen Naturschutz und örtlichen Landwirten über das Blühflächenprogramm erzielt werden konnte. Ebenfalls Im Sinne der Artenvielfalt wäre eine Aufklärungskampagne über die ökologischen Nachteile von Schottergärten, die wir hiermit anregen. Außerdem unterstützen wir die vorgesehenen ökologischen Maßnahmen an der Pfinz-Heglach.
Wichtig für den Klimaschutz ist auch der Ausbau des ÖPNV, z.B. durch Verlängerung der Stadtbahnlinie S2 von Spöck über Karlsdorf nach Bruchsal. Entscheidend dafür, ob und wann die Maßnahme realisiert werden kann, ist aber das Ergebnis des Standardisierten Verfahrens als Voraussetzung für eine Genehmigung. Für Staffort regen wir ein weiteres Mal an, in den Nachtstunden der Wochenenden eine „On Demand“-Verbindung zum Bahnhof Weingarten zu erproben.
Dem vorgesehenen integrativen Verkehrskonzept „Regiomove“ bei der Stadtbahnhaltestelle Blankenloch-Nord stehen wir offen gegenüber, fordern aber wie bei anderen Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Angebots.
Neben dem Klima- und Naturschutz ist der SPD-Fraktion die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben ein zentrales Anliegen. Nachdem die Stadt in den letzten Jahren auf unsere Anträge hin den „Karlsruher Kinderpass“ und den „Karlsruher Seniorenpass“ eingeführt hat, sollte in einem weiteren Schritt dem Vorbild der Stadt Karlsruhe gefolgt werden, die ab Januar den Inhabern dieser Pässe freie Fahrt im ÖPNV gewährt.
Teilhabe und Unterstützung benötigen aber auch Menschen, denen Obdachlosigkeit droht oder die bereits obdachlos sind. Dem trägt ein Präventionsprojekt des Landkreises gegen Obdachlosigkeit Rechnung. Dass sich unsere Stadt daran beteiligt, wird von der SPD-Fraktion sehr begrüßt.
Darüber hinaus ist der Mangel an bezahlbarem und sozialem Wohnraum für Menschen mit kleineren bis durchschnittlichen Einkommen, die eine neue Wohnung benötigen, ein großes Problem. Im Wohnpark „Mittendrin“ in Blankenloch werden 50 geförderte Sozialwohnungen bis 2023 entstehen. Doch das reicht nicht aus. Deshalb ist es richtig, die vorhandenen 98 stadteigenen Wohnungen in eine eigene Wohnungsgesellschaft auszugliedern. Wir sehen dies als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur kommunalen sozialen Wohnungsbaugesellschaft, die wir in den Vorjahren immer wieder gefordert haben.
Ausschlaggebend wird aber sein, dass die Stadt Baugrund bereitstellen kann. Als gegenwärtig einzige Möglichkeit bietet sich die kurz vor dem Erwerb stehende Landesfläche in Friedrichstal an. 75 bis 80 Prozent der Fläche sollten dem bezahlbaren Wohnungsbau, insbesondere dem sozialen Wohnungsbau, vorbehalten sein.
Der Wohnungsmangel allgemein ist auch durch die verträgliche Nachverdichtung in geeigneten Innenbereichen der Stadtteile abzumildern. Wir hoffen zunächst, dass das Pilotprojekt in der Südenstraße im Stadtteil Blankenloch im vorgesehenen Umfang umgesetzt werden kann.
Für Friedrichstal unterstützen wir angesichts des offensichtlichen Sanierungsstaus den Antrag des Ortschaftsrates nach einem zeitnahen Konzept für die Sanierung des Alten Rathauses und des Oskar-Hornung-Hauses.
In Spöck wird die Speyerer Straße saniert, in deren Untergrund auch die notwendigen Rohrleitungen für die Erschließung des Neubaugebiets Vierundzwanzigmorgenäcker verlegt werden. Im Zusammenhang mit dieser Erschließung ist es auch Zeit für den Investorenwettbewerb „Wohnen im Alter“, von dem wir uns überzeugende Ideen und Planvorstellungen erwarten.
Ebenfalls in Spöck stimmen wir der erforderlichen Dachsanierung für das Zukunftshaus und das gemeinnützige Kaufhaus „Kreuz und Quer“ zu.
Was das Hallenbad in Spöck anbetrifft, sollten die Gespräche mit allen Beteiligten über die Modalitäten des Weiterbetriebs fortgesetzt werden, evtl. auch als Videokonferenz.
In Staffort kann mit dem Neubau der Mehrzweckhalle begonnen werden, eine der wichtigsten Maßnahmen der letzten Jahrzehnte sowohl für die Schule als auch für die Dorfgemeinschaft.
Hohe Priorität haben für die SPD-Fraktion die geplanten Sanierungs-, Umbau-, Erweiterungs- und Digitalisierungsmaßnahmen im Schul- und Kita-Bereich aller Stadtteile als Voraussetzung einer guten zeitgemäßen Bildung. Für die notwendigen Brandschutz- und Energiesanierungsmaßnahmen im Schulzentrum halten wir ein Gesamtkonzept für erforderlich.
Ein oft diskutiertes Thema der letzten Wochen sind Luftfilteranlagen zur Coronaprävention durch Aerosolminderung in Schulräumen. Eine beauftragte Fachfirma kam bei ihren Messungen vor Ort zum Ergebnis, dass solche Geräte das regelmäßige Lüften nicht ersetzen. Zudem sind leistungsstarke Geräte recht teuer; deshalb können wir uns ihren Einsatz eigentlich nur in Räumen vorstellen, die nicht ausreichend zu belüften sind.
Ein Haushaltsansatz, den wir zunächst noch kritisch sehen, betrifft den Erwerb von Beteiligungen an der Netze BW im Umfang von 3 Mio €. Er ist aufgrund der Haushaltsvorberatung mit einem Sperrvermerk versehen, um vor der endgültigen Entscheidung nochmals genau die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen zu können. Wir wollen auf jeden Fall ausschließen, dass sich die Stadt durch den Erwerb in eine irgendwie geartete Abhängigkeit begibt.
Abschließend machen wir auf noch ausstehende Konzepte in zwei wichtigen Bereichen aufmerksam. Das betrifft den immer wieder von verschiedenen Seiten geforderten Feuerwehrbedarfsplan und das Gesamtkonzept für den Bauhof.
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Becker,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Tröger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Geißler,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wenn wir uns in unserer Haushaltsrede auf einige Schwerpunkte beschränkt haben, so ist dies nur der Redezeit geschuldet und bedeutet nicht, dass uns andere Haushaltsansätze weniger wichtig sind. In diesem Sinne stimmt die SPD-Fraktion sowohl dem vorliegenden Haushaltsplan als auch den Wirtschaftsplänen für den Eigenbetrieb „Abwasserbeseitigung Stutensee“ und den neuen Eigenbetrieb „Stadtwohnung Stutensee“ zu.
Beim Team des Rechnungsamtes unter der Leitung unserer Kämmerin Frau Leyerle bedanken wir uns für die bei der Aufstellung der Planwerke mit großem Engagement und Zeiteinsatz geleistete Arbeit.
Unser Dank gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in Zeiten der Pandemie oft über das Normalmaß hinaus für die Funktionsfähigkeit des Rathauses und seiner Außenstellen eingesetzt haben.
Bedanken möchten wir uns ebenfalls bei den Kolleginnen und Kollegen für die weitgehend faire und sachliche Zusammenarbeit.
Dank auch für die Aufmerksamkeit